Fort Kvalvik
Der zweite Weltkrieg und dessen Geschichte sind in Norwegen überall präsent. Mir war zuvor gar nicht bewusst, dass sich hier so vieles abgespielt hat. Aber Norwegen war für Hitler und seine Gefolgschaft ein äusserst interessantes Territorium. Im Norden liegt die Stadt Narvik, die als eine der wenigen Häfen Norwegens im Winter durchgehend eisfrei ist. Die Nazis waren auf den Stahl, den sie im naheliegenden Kiruna in Schweden abgebaut und nach Narvik transportiert wurde, angewiesen. Von dort aus wurde nach Deutschland verschifft. Weiters war Norwegen generell wegen der geografischen Lage und für die Verteidigung der Aussengrenzen des dritten Reiches von hoher Wichtigkeit. Viele Seeschlachten wurden vor den Küsten Norwegens ausgetragen. Ein Überbleibsel davon ist beispielsweise das Fort Kvalvik in der Nähe von Kristiansund.
Da wir ohnehin nach Kristiansund wollen, müssen wir noch eine Übernachtungsmöglichkeit finden, und können dabei zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: wir können uns wieder mal geschichtlich weiterbilden. Wir machen also Halt am Kvalvik Fort – wo wir am Parkplatz praktischerweise auch die Nacht verbringen werden.
Kvalvik Fort ist eines der am besten erhaltenen Küstenfestungen aus dem zweiten Weltkrieg. Der Aufbau wurde 1943 von den Deutschen begonnen, aber nie ganz fertiggestellt. Eine der wichtigsten Missionen des Forts war die Kontrolle über den Eingang zum Freifjord und zum Vinjefjord zu haben. Zeitweise befanden sich über 100 Mann in der Festung. 1943 waren etwa 50 russische Gefangene im Fort, die in fünf Sperrholz-Baracken ohne Heizung untergebracht waren. Sie mussten ebenfalls beim Aufbau des Forts helfen. Ein Minenfeld mit 583 Minen und 20 ferngesteuerten Flammenwerfern sowie kilometerlangen Stacheldraht um die Anlage sollten das Fort vor Feinden schützen. Das besondere an Kvalvik ist, dass die Anlage wirklich sehr gut erhalten ist. Die meisten Bunker und Lagerräume sowie der Kommandoturm sind intakt, Artilleriegeschütze, Flak-Kanonen, Torpedos und Wasserminen sind ausgestellt – ebenso wie ein wirklich seltenes «Biber» Kleinst-Uboot der deutschen Kriegsmarine. Statistisch gesehen kamen etwa 65 % der Biber-Fahrer ums Leben – was den Einsatz vermutlich nicht besonders interessant machte – zumindest nicht für den steuernden Kapitän. Es ist schon ziemlich schaurig, womit die Nazis zu dieser Zeit herumexperimentiert hatten.
Die verlassenen Gebäude und das ganze Gelände erzählen eine unrühmliche Geschichte aus längst vergangener Zeit. Wir wollen gar nicht im Detail wissen, was sich hier alles abgespielt haben muss. Zugegeben: das Ganze wirkt schon ein wenig gruselig. Nein, eigentlich sehr gruselig! Wir verbuchen den rund zweistündigen Besuch auf dem Gelände zwar nicht als «schön», aber als sehr spannend, informativ und lehrreich.