Lindesnes Fyr, das Südkap
Unser Norwegen-Trip neigt sich dem Ende zu. Unser Weg führt uns immer weiter südlich. Wir passieren Stavanger und können sogleich die nächste Superlative abhaken: der weltweit längste und tiefste Unterwassertunnel der Welt gehört auch den Norwegern. Wen wunderts. Der Ryfast-Tunnel ist 14,3 Kilometer lang und verbindet Solbakk in Strand und Hundvåg in Stavanger. Der Tunnel hat eine Steigung von sieben Prozent, der tiefste Punkt liegt 292 Meter unter dem Meeresspiegel. Es ist irgendwie ein beklemmendes Gefühl zu wissen, dass man sich fast 300 Meter unter dem Meeresspiegel bewegt. Dort herrscht ein Druck von rund 30 bar oder 30 kg pro Quadratzentimeter. Zum Vergleich: ein herkömmlicher Autoreifen wird mit etwa 2,5 bar befüllt. Also nur ein zwölftel. Gut, Schluss mit den Rechenbeispielen, wir kommen heil am anderen Ende wieder raus und fahren weiter in den Süden. Genauer gesagt zum Lindesnes Fyr, dem südlichsten Punkt Norwegens.
Es ist – oder war – uns nicht wichtig, dass wir beide Enden von Norwegen erreichen. Aber das «Süd-Kap» lag praktisch auf dem Weg und es hat sich daher angeboten. Es waren einige Stunden, die wir an Strecke hinter uns bringen mussten, aber es hat sich wieder einmal gelohnt. Wir wollten ja ohnehin an der Südküste entlangfahren. Zugegeben: die letzten 20 km vor dem Leuchtturm, der den südlichsten Punkt markiert, waren nicht besonders lustig zum Fahren. Die Strasse, die wir (oder besser gesagt unser Navi) gewählt haben ist superschmal. Und irgendwie scheinen die Norweger auch gerade Feierabend zu haben, denn noch nie sind uns so viele Autos in so kurzer Zeit entgegengekommen. Die Kurven an den Felshängen sind teilweise so eng, dass wir im Schneckentempo aneinander vorbei müssen. Ganz spannend wird es, wenn ein LKW oder ein anderes Wohnmobil unseren Weg kreuzt. Aber egal, wir haben es trotz allem geschafft.
Natürlich ist das Südkapp längst nicht so berühmt und erstrebenswert wie das Nordkapp. Zumindest mental gesehen. Wir waren aber überrascht, denn die schöne Landschaft, die Felsen und die Geschichte des Lindesnes Fyr – dem Leuchtturm am südlichsten Punkt des Landes – sind dennoch sehr reizvoll. Eine Ausstellung am Leuchtturm erzählt die spannende Geschichte der ersten Leuchttürme in Norwegen, die Entwicklung im Laufe der Jahrhunderte bis hin zur Überflüssigkeit selbiger aufgrund moderner Navigationsinstrumente wie GPS und Sonar. Wir bleiben bis spät in die Nacht auf dem Gelände und werden mit einem sensationellen Sonnenuntergang belohnt. Als die Dämmerung hereinbricht bekomme ich noch einige schöne Bilder aus der Kamera, und als auch die letzten Strahlen am Horizont verschwunden sind, essen wir nach einer gefühlten Ewigkeit das allererste mal wieder draussen vor dem Camper unser Abendessen. Endlich – wir dachten nicht, dass wir das in Norwegen noch erleben werden. Auch wenn es schon recht frostig ist – das haben wir uns nicht nehmen lassen. Die Nacht verbringen wir auf einem Wohnmobil-Stellplatz direkt vor dem Leuchtturm und können eine ruhige und sternenklare Nacht geniessen – bevor uns am nächsten Morgen wieder einmal dunkle Wolken, Regen und der kühle Wind begrüsst.