Den Abstieg machen wir zusammen mit einem netten Pärchen aus Deutschland, das wir auf dem Plateau kennengelernt haben. Wir erzählen ein bisschen was von unserer Reise und können sie schlussendlich sogar dafür begeistern, das Nordkap zu besuchen. Der Weg vom Berg nach unten ist bedeutend weniger anstrengend, und die Leute die uns jetzt schnaufend und hechelnd entgegen kommen beschenke ich mit einem kurzen, siegreichen Lächeln im Gesicht und lass mir natürlich nicht anmerken, dass ich eineinhalb Stunden zuvor fast einen Krankenwagen gebraucht hätte. Am Parkplatz, wo unser fahrendes Zuhause auf uns wartet entscheiden wir uns spontan, dass wir es eigentlich sehr schön haben und die Nacht mit wunderbarer Aussicht auf das Meer hier verbringen wollen. Später lernen wir einen anderen Reisenden aus Niederösterreich kennen, der die Nacht ebenfalls an diesem Parkplatz verbringt. Wäre es nicht so frostig geworden, hätten wir uns vermutlich bis in die Morgenstunden Reisegeschichten erzählt – der ist nämlich wirklich schon ordentlich herumgekommen. Es war ein sehr spannender Tag und schöner Abend, der mit Vollmondlicht und Meeresrauschen geendet hat. Einer unserer schönsten Tage bisher.
So schnell das schöne Wetter kommt, so rasant und endgültig verlässt es uns auch wieder. Wir erkennen die Landschaft am nächsten Morgen kaum wieder, die Farbenpracht ist – dank dem grauen Himmel – leider wieder verschwunden. Wir fahren heute zum äusserten Ende der Lofoten – ein Dorf mit dem unglaublich kreativen Namen «Å». Aus purer Neugier habe ich das in Google übersetzt und herausgefunden, dass es auf Deutsch «Oh» heisst. Okay – es gibt also keinen tieferen Sinn für die rund 100 Einwohner von Å. Was wir zusätzlich herausfinden: Das Dorf mit diesem wohlklingenden Namen hat die Auszeichnung als kürzeste Ortbezeichnung der Welt - zusammen mit dem Vulkan E in Japan, dem Flüsschen E in den schottischen Highlands, der Hebrideninsel Ì, dem Schloss Ô in der Normandie und Y, ein 94-Seelen-Kaff in der Picardie, dessen Ortsschild mehrmals jährlich geklaut wird (was zum Geier macht man zuhause mit einem Ortsschild??). Das passiert scheinbar auch öfters in Å. Einen Besuch im Dorf mit dem kürzesten Ortsnamen der Welt können wir also abhaken. Das heisst im Umkehrschluss nun aber auch, dass ich unbedingt nach Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwllllantysiliogogogoch muss. Ohne Mist: das ist der längste Ortsname der Welt und liegt auf der walisischen Insel Anglesey. Meine Bucket-List wird einfach nicht kürzer…
Wir haben das Ortsschild von Å selbstverständlich unangetastet stehen lassen und begnügen uns mit einem Foto. Das Dorf selbst ist überschaubar, Highlights sind hier das wunderbare Panorama und die schroffen Felsen, die im Hintergrund aus dem Meer ragen. Wieder zieht uns der eisige Wind um die Ohren, Sonne Fehlanzeige und auch mit dicker Jacke und Kappe will sich das gemütliche Niederlassen-Feeling heute nicht einstellen. Wir machen einen schönen Spaziergang rund um das Dorf und kurz bevor uns ein heftiger Regenguss überraschen kann, sind wir wieder in unserer Frida. Wir möchten heute nicht mehr allzu weit fahren, sondern es lieber mal gemütlich nehmen. Nach etwa 100 km und etlichen Zwischenstopps kommen wir in Hoven an und übernachten an einem etwas unheimlich wirkenden Rastplatz. Es kommt jedoch zu keinen nennenswerten Zwischenfällen, ausser dass es wie aus Kübeln schüttet. Zum Glück besteht der Untergrund hauptsächlich aus Kies, und die keine Gefahr, weggespült zu werden, ist gering (oder wir wissen es einfach nicht, was unser Glück ist).