Avignon
Am nächsten Morgen klingelt der Wecker wieder früher als gewohnt. Wir sind noch ca. 1 Stunde von Avignon entfernt und heute begeben wir uns auf die Spuren der Päpste: wir möchten heute den Papstpalast besichtigen. Schnell alles reisefertig gemacht und ab geht es auf die fast leeren Strassen Richtung Avignon. Wir haben uns für den Besuch einen Campingplatz ausgesucht. Leider ist Avignon auch für Einbrüche und Überfälle bekannt (uns ist während des Aufenthaltes nichts passiert und wir konnten auch nichts beobachten). Ich bin ja bekanntlich der kleine Schisser von uns zwei und somit musste sich Rene beugen und parkt Frida in den zentral gelegenen Campingplatz am anderen Ufer der Rhône ein. Diesmal gibt es von mir eine kleine Geschichtsstunde über Avignon und den Papstpalast. Avignon ist eine Stadt und Gemeinde in der Provence in Südfrankreich am östlichen Ufer der Rhône. Da Avignon von 1309 bis 1376 Papstsitz war, trägt die Stadt den Beinamen „Stadt der Päpste“. Die Altstadt von Avignon mit ihren prächtigen, mittelalterlichen Häusern ist von einer intakten und sehr imposanten Befestigungsmauer umgeben. Die Altstadt mit dem gotischen Papstpalast (Palais des Papes) aus dem 14. Jahrhundert, der Bischofsanlage, dem Rocher des Doms und der berühmten Brücke, der Pont Saint-Bénézet, zählt zum UNESCO-Weltkulturerbe. Man schrieb das Jahr 1304, als Papst Benedikt XI. starb. Zu seinem Nachfolger wurde der Erzbischof von Bordeaux gewählt. Der neue Papst begab sich nie nach Rom und suchte sich stattdessen Avignon als Residenz aus. Da es dort allerdings keinen Palast gab, der eines Papstes würdig gewesen wäre, begann man mit entsprechenden Bauarbeiten. Der Baubeginn liegt inzwischen knapp 700 Jahre zurück. In der Zwischenzeit folgte auf den Bau des alten Palastes noch der Bau eines weiteren Palastes, des Palais neuf oder „Neuer Palast“. Zudem wurde kontinuierlich Land zugekauft um die Gärten erweitern zu können. Fast 70 Jahre währte die Regentschaft der Päpste in Avignon. Bis Gregor XI. im Jahr 1376 als erster Papst zurück nach Rom kehrte. Der Papstpalast aber blieb, und das in seiner ganzen Schönheit und Pracht. Die Säle sollen einst so ausgestattet gewesen sein, als gehörten sie zu einem veritablen Schloss. Nach und nach verschwand wohl das eine oder andere kostbare Stück, doch erst mit der Französischen Revolution wurde der Palast fast völlig seiner Schätze beraubt. Als das Gebäude dann ab dem frühen 19. Jahrhundert als Kaserne genutzt wurde, wurden auch die letzten Überbleibsel an Kunst und Antiquitäten an Händler verscherbelt. Heute ist der Palast innen leer, die Wände wurden notdürftig mit Portraits der französischen Päpste und mit Wandteppichen dekoriert. Dennoch – der Palast ist und bleibt eine eindrucksvolle Anlage. Gut 15.000 Quadratmeter an Fläche gibt es hier zu erkunden – von Kreuzgängen über Kapellen bis hin zu Audienzsälen.
Genug zur Geschichte der Stadt und des Palastes. Wir wollen nun selbst den Papstpalast besichtigen. Ihr habt doch sicher schon den Satz gelesen, wenn man im Google nach einer Sehenswürdigkeit, Restaurant, Geschäft usw. nachsieht: In der Regel verbringen Menschen hier bis zu X Stunden. Beim Papstpalast schreibt Google: "In der Regel verbringen Menschen hier bis zu 2 Stunden", auf der Homepage des Papstpalastes schreiben sie sogar nur 1 1/2 Stunden. Es wird sich bald herausstellen das sowohl Google als auch die Homepage uns angelogen haben. Inzwischen ist es 10:00 Uhr vormittags. Wir stehen vor dem Papstpalast und bestaunen das imposante Bauwerk zunächst von aussen. Was wir noch sehen ist die etwas längere Menschenschlange, die vor dem Eingang des Palastes ansteht. Tja nützt nichts, da müssen wir jetzt durch. So schnell kommen wir sicher nicht mehr nach Avignon. Das gute ist, dass es zwei Schlangen vor dem Eingang gibt. Eine um Tickets zu erwerben und die andere für Zeittickets, die man zuvor Online erwerben musste. Toll wäre, wenn wir jetzt noch wüssten welche Schlange die Richtige ist. Liebes Tourismusbüro des Papstpalastes, falls Ihr meinen Bericht lest, hier mein Tipp: Vielleicht würdet Ihr schon unten vor dem Aufgang zum Eingang anschreiben, wo man sich anstellen soll und nicht erst direkt am Kontrollschalter 30 cm vor dem Eingang auf einem kleinen A4 Zettel. Vielen Dank!
Da wir nicht wussten, wo wir uns anstellen sollen, haben wir uns einfach mal in die Mitte gestellt und niemanden mehr vorbeigelassen. Wir hatten das grosse Glück, dass uns eine nette Französin, die sogar etwas Englisch konnte, darauf hingewiesen und uns erklärt hat, wo den unsere Schlange ist, und somit hatte das Rätselraten ein Ende. Um 10:30 Uhr sind wir durch die Kontrolle durch und bekommen unsere Histopad’s. Eine taktile Tafel – genauer gesagt ein Tablet/iPad - mit dem man ein zeitliches Eintauchen in die Haupträume des Denkmals erleben können soll. Versprochen wird eine vollständige Rekonstruierung, wie es im 14. Jahrhundert gewesen sein könnte. Da sind wir mal gespannt. Mit sowas sind wir noch nie durch ein Denkmal beziehungsweise Museum gelaufen. Wir starten unsere Histopads und sind gleich schon beim ersten Raum fasziniert, wie einem der virtuell gestalteten Raum dargestellt wird. Wir fühlen uns gleich in die alte Zeit zurückversetzt. Es gibt viele Informationen und versteckte Features auf diesem Pad. Ganz leicht ist die Handhabung auch für uns relativ erfahrene Neu-Zeitlinge nicht. Ich will mir gar nicht vorstellen, was meine Mutter mit diesem Pad anfangen würde. Glaub, die hätte es nach 2 Minuten in eine Ecke geworfen und hätte sich lieber auf eigene Faust in jeden Bereich des Palastes vorgewagt. Wie oben schon erwähnt wurde der Papstpalast immer wieder verändert und vergrössert, und je nachdem wer gerade Papst war hat es Änderungen und Erweiterungen gegeben. Somit wurde der Palast zum Schluss zu einem architektonischen Meisterwerk. Ich will mir gar nicht ausrechnen wie hoch die Kosten waren. Es ist auf jeden Fall zu sehen, dass die Kirche ausgiebig Geldmittel zur Verfügung hatte. Heutzutage wäre es schlicht und weg unmöglich so ein Bauwerk hinzustellen. Da würde vermutlich auch Renes neuer Freund Sergei an seine Grenzen stossen. Glaub Rene träumt immer noch von Sergei und seiner Yacht.... Zurück zum Palast. Wir sind total vertieft in unsere Histopads und betreten einen Raum nach dem anderen. Irgendwann stellen wir beide fest, dass uns der Hunger plagt und die Füsse auch nicht mehr so wollen wie am Anfang. Ein Blick auf unsere Handys und uns wird ganz schnell klar, auf Google ist kein Verlass. Wir haben mindestens noch 5 Räume zu besichtigen und sind noch nicht mit dem Rundgang fertig aber unsere Uhr zeigt schon 16:00 Uhr an. Schwupps, da ist auch schon die Akku von Renes Histopad leer. Das war dann nichts mit: "In der Regel verbringen Menschen hier bis zu 2 Stunden". Wir stärken uns mit der mitgebrachten Jause und schaffen die restlichen Räume, nachdem wir das leere Histopad gegen ein volles getauscht haben. Als wir wieder Tageslicht sehen und den Palast verlassen ist es dann inzwischen schon 17:00 Uhr. Somit haben wir über 6 1/2 Stunden gebraucht.