Roquebrune sur Argens
Mit einem etwas mulmigen Gefühl in der Magengegend verlassen wir Sisteron. Natürlich ist es einerseits spannend, sich wie in einem Krimi zu fühlen. Aber der Unterschied ist eben, dass hier echte Menschenleben auf dem Spiel stehen – und in diesem Fall auch ihr Leben gelassen haben. Es herrscht also ein klein wenig gedrückte Stimmung, als wir in Richtung Roquebrune sur Argens aufbrechen. Aber die Freude auf das Meer ist gross, und der Ort liegt nur noch ein paar Minuten von der Mittelmeerküste entfernt. Wir wollen uns mal etwas gönnen und steuern einen Campingplatz an, was für uns eigentlich eher ungewöhnlich ist. Normalerweise bevorzugen wir etwas kleinere, einfachere Möglichkeiten, da wir alles Wichtige ja an Bord haben und den Luxus eines Campingplatzes nicht zwingend benötigen. Trotzdem – wir haben uns im Vorfeld die ACSI-Campingcard gekauft. Diese Karte bietet spezielle Vorteile auf Campingplätzen in der Vor- und Nachsaison. Das gibt uns die Möglichkeit, auf dem 5-Sterne-Platz um günstige 20,- EUR pro Nacht zu stehen. Das nutzen wir natürlich gerne aus, und die Wettervorhersage für die nächsten Tage liegt bei kuscheligen 18 – 20 Grad. Zeit zum Entspannen.
Der Empfang am Campingplatz Domain de la Bergerie war sehr freundlich. Wir dürfen uns einen Platz aussuchen, und die Qual der Wahl ist gross, denn zu dieser Jahreszeit ist fast niemand mehr da. Geschätzte 5 der 400 Plätze sind belegt. Entsprechend lange brauchen wir für eine Entscheidung. Tja, Vielfalt hat auch Nachteile. Wir nehmen den Platz, der am meisten Sonne verspricht. Im Sommer sind alle froh, wenn sie Schatten bekommen, daher wurde viel Gebüsch und Bäume in die Botanik gepflanzt. Zu dieser Jahreszeit suchen wir aber eher Sonne als Schatten – und finden schlussendlich das perfekte Plätzchen für uns. Wir machen es uns gemütlich und geniessen die Ruhe. Nachmittags geht’s dann an den Pool und in den Wellnessbereich. Man merkt schon recht deutlich, dass die Saison vorbei ist. Kaum eine Liege ist belegt, Restaurants und Bar haben nur noch zeitweise geöffnet – im Pool herrscht gähnende Leere. Egal, wir schmücken unsere Liege mit Handtuch und geniessen die wärmenden Strahlen der französischen Sonne. In unserem All-In-Paket sind auch ein Hallenbad und ein beheizter Whirlpool dabei. Das lassen wir uns nicht nehmen und tauchen wenig später ein in das wärmende Blubber-Nass. Keine zwei Minuten im Wasser kommt die Bademeisterin auf uns zu und setzt ein freundliches Lächeln auf: «No Shorts». Hä? Fragend schau ich an mir runter und mir geht ein Licht auf. Okay, also was jetzt – keine Shorts im Whirlpool? Ich frage sie, ob man nackig rein muss. Sie zuckt mit den Achseln und wiederholt ihr Anliegen «No Shorts». Ich vermute, sie versteht «mein» Englisch nicht. Es ist ohnehin eine Umstellung – in Skandinavien gibt’s kaum jemanden, der nicht Englisch kann. Hier ist es eher umgekehrt: hier kann kaum einer was anderes als Französisch. Na gut – zurück zur Realität: ich frage sie nochmals, was sie damit meint. Sie deutet auf ein Schild, auf dem tatsächlich eine durchgestrichene Comic-Figur mit Badeshorts abgebildet ist. Ich sehe also aus wie Asterix in kurzen Hosen. Toll. Aber immer noch besser als Obelix. Ganz geschlagen möchte ich mich nicht geben und ich frage sie, warum das nicht erlaubt ist. Ihre pragmatische und simple Antwort verblüfft und überrascht mich zugleich: «Weil es auf dem Schild steht». Aha. Ja dann ist es vollkommen logisch. Mir fehlen die Worte und genervt verlassen wir den Whirlpool. Das Wasser war eh ein bisschen kalt.
Trotz des Jacuzzi-Skandals werden die kommenden Tage wirklich sehr entspannt. Am ersten Abend, kurz nach Einbruch der Dämmerung hören wir allerdings etwas um unseren Camper herumschleichen. Zunächst schenke ich dem keine Beachtung. Wir sind ja auf dem Campingplatz, abgesperrt und alles zu. Vielleicht der Gärtner oder so. Das schleifende Geräusch wird immer intensiver. Jetzt sind wir neugierig und machen die bereits zugezogenen Fensterläden nochmals auf. Damit hätten wir im Leben nicht gerechnet: eine Wildschweinfamilie schleicht um unser Wohnmobil und sucht nach Fressbarem. Wir sind baff, und wie im Kino beobachten wir von oben das geschäftige Treiben der Paarhufer. Die Tiere sehen irgendwie ganz schön kräftig aus, ich glaube ich würde mich mit denen nicht anlegen. Aber sie scheinen recht friedlich zu sein. Wir bleiben trotzdem sicherheitshalber im Wohnmobil. Am nächsten Tag sammeln wir bei unserem Spaziergang so viele Eicheln, wie wir tragen können und verstreuen sie um unsere Frida herum. Die Hoffnung, dass die Familie abends nochmals auftaucht ist gross. Und tatsächlich, früher als angenommen geht das Geschnüffel und Gegrunze wieder los. Verstärkung ist auch dabei und wir zählen 13 Schweine, die den Boden an unserem Platz so sauber machen als wäre ein Laubsauger durchgerauscht. Unser Snack hat genau ihren Geschmack getroffen, und kaum etwas ist übriggeblieben.