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21. September 2022
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2. Oktober 2022Polen mit dem Wohnmobil – unser Fazit

"Lobe nicht den Tag vor dem Abend, und das Weib nicht vor dem Begräbnis." ("Nie chwal dnia przed wieczorem ani baby przed pogrzebem.")
25. September 2022 - Reisetagebuch Eintrag #101
- POLEN MIT DEM WOHNMOBIL - UNSER FAZIT | geschrieben von Rene und Magdalena
Wir haben Polen mit dem Wohnmobil bereist - und sind bei unseren (Vor)Urteilen häufig eines besseren belehrt worden. Wir waren durchwegs begeistert von Polen. Aber ein paar Kleinigkeiten haben wir trotzdem zu kritisieren. Das Fazit unserer Polenreise mit dem Wohnmobil.
Polen mit dem Wohnmobil
Polen stand ehrlich gesagt nicht besonders weit oben auf unserer Reiseliste. Aber – wie wir jetzt wissen – zu Unrecht! Denn wir waren und sind sehr positiv überrascht, was Land und Leute zu bieten haben. Doch wie ist Polen mit dem Wohnmobil? Wir haben uns zunächst auf schlechte Strassen und zahlreiche Schlaglöcher eingestellt. Ein (meistens) unbegründetes Vorurteil. Die Hauptverkehrsverbindungen an der Ostseeküste von Kohlberg bis Danzig und auch von Danzig in den Süden bis nach Krakau sind häufig in einem besseren Zustand als die Strassen in Deutschland. Hier wurde in den letzten Jahren vermutlich einiges investiert. Aber auch abseits der Hauptverkehrsadern sind die Strassen durchwegs problemlos und ohne Komplikationen befahrbar. Hier ist jegliche Sorge also unbegründet. Die Strassen sind in ausgezeichnetem Zustand und es gibt keinen Grund sich zu sorgen. Im Gegenteil – wir waren in vielen «moderneren» Ländern unterwegs, die nicht so gute Strassenverhältnisse zu bieten hatten. Man kann sich also bedenkenlos mit dem Camper in Polen bewegen. Doch was können wir noch zu Polen sagen?
Polen: die Menschen
Sehr positiv überrascht waren wir auch von Land und Leuten. Wir sind einer modernen, aufgeschlossenen Kultur begegnet. Zumeist fanden wir sehr höfliche, ruhige und anständige Menschen. Der ein oder andere Pole ist vielleicht nicht so offen und herzlich, wie wir es schon in anderen Ländern erlebt haben. Aber sie sind stets freundlich und hilfsbereit. Wir haben uns immer wohlgefühlt. Manchmal gibt es die Sprachbarriere, aber sehr häufig findet man englischsprachige Menschen, die einem gerne weiterhelfen. Speziell die jüngere Generation hat keine Hemmungen, sich in (oftmals sehr gutem) Englisch zu verständigen. Auf den Plätzen, auf denen wir waren, war es überwiegend ruhig und gesittet. Wir haben nie irgendwelche “Saufgelage” oder ähnliche störende oder unangebrachte Versammlungen beobachtet. Auch diesbezüglich hatten wir uns auf wesentlich "temperamentvollere” Tage, Abende und Nächte eingestellt, was überhaupt nicht der Fall war (im positiven Sinne)
Polens Küche
Viele Speisekarten abseits der Touristenhochburgen sind nur in Polnisch verfügbar. Da tut man sich teilweise schwer, das Richtige zu bestellen. Aber natürlich kann man nicht in jedem kleinen Restaurant erwarten, eine fremdsprachige Menükarte zu bekommen. Hilfreich ist sicherlich, sich zunächst die wichtigsten Speisen und Getränke zu übersetzen und die Begriffe zu notieren. Dann kann man einiges ableiten und weiss für gewöhnlich, womit man es zu tun hat.
Es gibt einige landestypische Spezialitäten, die wir in Polen probiert haben und wirklich empfehlen können. Da wäre zunächst einmal Pierogi. Die gefüllten Teigtaschen gibt es in allerlei Variationen – gekocht, gebraten und frittiert. Auch der Inhalt ist variabel, von Frischkäse, Kartoffeln über Fleisch bis hin zu süssen Füllungen ist alles zu haben. Pierogi können wir auf jeden Fall empfehlen, ein MUSS in Polen!
Ein weiteres kulinarisches Highlight in Polen ist Bigos. Der polnische «Krauteintopf», manchmal auch Jägertopf genannt, ist ein Gericht in das ich mich fast hineingekniet habe. Es wird als polnisches Nationalgericht angesehen und gerne auch zur kalten Jahreszeit gekocht. Die Zubereitung ist ein sehr aufwendiges Prozedere, weswegen es häufig auch auf Vorrat gekocht wird. Es wird aus Sauerkraut, Weißkohl und verschiedenen Wurst- und Fleischsorten hergestellt. Wer in Polen verweilt, muss Bigos mindestens einmal probiert haben.
Aber auch die Süssspeisen kommen hier nicht zu kurz. Besonders Gofry ist sehr beliebt. Dieses einfache, aber sehr schmackhafte Dessert gibt es nahezu überall: entweder als Nachtisch im Restaurant oder «to go» an vielen Essensständen und Imbissen. Es handelt sich um schlichte Waffeln, die meistens frisch zubereitet und anschliessend je nach Kundenwunsch mit Nutella, Sahne, frischen Früchten oder Marmelade verziert werden und etwa 2,00 – 3,00 EUR kosten. Sehr lecker. Oft zu finden ist auch das «gedrehte Eis». Auf polnisch «Lody» (Lody heisst aber auch ganz allgemein Speiseeis) wird das Softeis in der Tüte serviert und nicht nur zur Freude der Kinder spiralförmig kunstvoll aufgedreht – nicht selten 10 cm oder höher sind die Eistürme, die es meistens in einfachen Geschmacksrichtungen wie Vanille, Schokolade oder Erdbeere erhältlich sind und rund 1,50 – 2,00 EUR kosten.
Polens Natur
Wir haben Polens Naturhighlights «Masuren» bzw. die masurische Seenplatte und die «Hohe Tatra» besucht. Von den Masuren waren wir schlichtweg begeistert. Hunderte von Seen und Flüsse laden zu allerlei Freizeitaktivitäten ein. Unser Top-Favorit ist die Kajaktour auf dem Fluss Krutynia, wobei wir eine Tagestour gemacht haben und vom Ort Krutyn bis nach Ukta gepaddelt sind. Das sind gemütliche 4 h und hat sehr gut in unsere Tagesplanung gepasst. Man kann auch längere Touren machen, beispielsweise bis Nowy Most oder noch weiter. Aber wir haben von anderen gehört, dass der Abschnitt von Krutyn bis Ukta mit Abstand der schönste sein soll und sich die Weiterfahrt nach Nowy Most oder noch weiter nicht zwangsläufig lohnt. Aber das ist sicherlich Geschmacksache. Das Mieten eines Kajaks ist verhältnismässig günstig – wir haben für ein 2er-Kajak umgerechnet ca. 17 EUR bezahlt (August 2022) und durften es den ganzen Tag nutzen. Eine geführte Tour ist übrigens nicht erforderlich, man kann die Krutynia wirklich sehr entspannt und gemütlich auch ohne Guide befahren. Es gibt weder Stromschnellen, Wasserfälle noch sonstige Hindernisse, für die spezielle Fähigkeiten erforderlich wären. Im Gegenteil, es geht immer sehr gemütlich im Schritttempo voran.
Das Naturschutzgebiet bzw. der Nationalpark Hohe Tatra stand ebenfalls auf unserer Liste. Leider wurden wir hier aber mit einem Hundeverbot überrascht, sodass wir die von langer Hand geplante Wanderung nicht durchführen konnten. Wir mussten eine Ausweichroute nehmen, die – zugegeben – absolut langweilig und uninteressant war. Aber leider waren nur dort Hunde erlaubt, und da wir mit einem befreundeten Paar unterwegs waren, die einen Hund haben, konnten und wollten wir nicht anders. So haben wir von der Hohen Tatra leider nicht viel gesehen. Nicht besonders fair finden wir allerdings die Touristenpreise, die hier erhoben werden. Für die zwei prominentesten Wanderungen – Morskie Oko und Palenica Białczańska – sind gleich schon am Parkplatz satte 15 EUR Gebühr für ein Wohnmobil fällig! Da hat man erst geparkt. Der Eintritt in den Nationalpark kostet rund 1,80 EUR pro Person – und wie erwähnt sind keine Hunde erlaubt (wohl aber Pferde). Wir sind überzeugt, die Wanderung wäre sehr schön gewesen – aber wir haben nirgendwo sonst in Polen 15 EUR für einen Parkplatz bezahlt.
Polens Städte
Um es kurz zu machen: es lohnt sich definitiv, einen Blick in Polens Städte zu werfen. Die grösseren, die wir besucht haben (Kohlberg, Danzig/Gdansk, Warschau und Krakov/Krakau) waren allesamt sehenswert! Auch mit dem Wohnmobil findet man in Polens Metropolen einen geeigneten Platz und muss sich nicht durch den Grossstadtdschungel zwängen, wenn man nicht möchte. Ein Fahrrad ist häufig hilfreich, um kleine bis mittlere Distanzen zu überwinden.
Thema Fahrrad in Polen: ein Manko muss man den polnischen Städten in Sachen Fahrradfreundlichkeit leider ankreiden. Fahrräder sind hier nicht besonders populär. Das haben wir schon in Tschechien gemerkt. Es gibt zwar hin und wieder einmal Fahrradwege in den Städten, doch sie sind wirr durcheinander, hören plötzlich völlig unvermittelt auf und fangen dann ohne jegliches Konzept (oder Übergang) auf der anderen Strassenseite wieder an, wenn man Glück hat. Ansonsten muss man auf die Strasse, und auf den Hauptverkehrsadern ist das kein grosser Spass. Das Fahren mit dem Fahrrad auf der Strasse grenzt an Masochismus und das Fahren auf dem Gehsteig ist alles andere als lustig. Manchmal bekommt man das Gefühl, der ein oder andere Autofahrer testet, wie knapp er an einem Fahrrad vorbeifahren kann. Man sieht auch in den meisten Städten nicht sehr viele Fahrradfahrer. Also – unser Tipp: keine längeren Fahrradtouren in Polens Städten planen – oder daran gewöhnen, sich auf den Gehsteigen zwischen den Menschenmassen durchzuquetschen.
Einkaufen in Polen
Polens Supermärkte sind durchwegs billiger als in den Nachbarländern Deutschland, Tschechien oder Slowakei. Erhältlich ist alles, was man auch sonst überall erhält. Einschränkungen gab es aus unserer Sicht keine. Lediglich Mayonnaise in Plastiktuben gibt es komischerweise nicht – das gibt es überall und ausschliesslich nur in Gläsern. Wir wissen nicht warum. In Polen kann man immer noch sehr günstig einkaufen, auch wenn die Preise 2022, wie überall in Europa, sehr stark angezogen haben. Bekannte Supermarktketten wie Lidl und Aldi findet man ebenfalls. Ein Blick sollte der preisbewusste Konsument auf jeden Fall in «Biedronka» werfen. Der Diskounter mit dem Marienkäfer als Logo hat ein gutes Sortiment und steht den grossen Märkten meistens um nichts nach. Bezüglich Preisen ist er gleichauf mit Lidl und Co, manchmal sogar billiger.
Polen mit dem Wohnmobil – Gasversorgung, Wasser, Abwasser
Gas für das Wohnmobil bzw. für die Gasflasche bekommt man natürlich auch in Polen. Wir konnten unsere deutsche Gasflasche an einer Füllstation mit LPG befüllen lassen. Angeblich sind die Anschlüsse der polnischen Flaschen gleich wie die Deutschen. Trotzdem benötigten sie an der Tankstelle einen Adapter, was wir komisch fanden, denn es würde dem ja widersprechen. Trotzdem hat es dann also geklappt, und - soweit wir das beurteilen können - gibt es die Möglichkeit zum Befüllen, wenn auch nur mit Adapter. Mit einem Gastank und entsprechendem LPG-Adapter sollte es überhaupt kein Problem geben, denn LPG gibt es auch in Polen überall. Wenn man also eine deutsche Kauf-/Tauschflasche hat, die man befüllen lassen möchte, muss man einen entsprechenden Händler suchen. Park4Night hilft bei der Suche weiter. Ebenso ist das für neuere Wohnmobil-Motoren benötigte AdBlue in Polen an vielen Tankstellen erhältlich. Wir konnten es ganz gewöhnlich an einer Zapfsäule befüllen. Nicht ganz so leicht ist es mit Wasser und Abwasser - also die Ver- und Entsorgung. Hier muss man fast zwangsweise an einen Campingplatz. Freie Entnahmestellen für Frischwasser gibt es äusserst selten - und selbst wenn man etwas findet ist die Qualität des Wassers nicht vorhersagbar. Wir haben in den Masuren an einem Campingplatz (leider) etwas unsauberes, bräunlich gefärbtes Wasser erhalten. Die braune Färbung hat nicht zwangsläufig mit Verschmutzung zu tun, sondern ist aufgrund des torfhaltigen Bodens hier eher normal. Aber natürlich ist die Farbe nicht besonders schön und auch für die Leitungen des Wohnmobils nicht empfehlenswert, auch wenn die Qualität in Ordnung wäre. Hier sollte man also aufpassen. Manchmal hat man allerdings keine andere Möglichkeit. Nach dem Vorfall mussten wir unseren Tank spülen und konnten so die Rückstände gut entfernen. Für Grau- und Schwarzwasser gilt ebenso: meistens ist die Entsorgung nur an einem Campingplatz möglich - eigene Entsorgungsstationen für Wohnmobile sind in Polen leider eine Seltenheit.
Polen mit dem Wohnmobil – die Zusammenfassung
Auch wenn es einige Punkte gibt, die uns nicht so gut gefallen haben, möchten wir eine klare, 99%ige Empfehlung für Polen aussprechen. Auch mit dem Camper ein absolut lohnenswertes Reiseziel. Gerade deswegen, weil es hier den grossen Camper-Tourismus noch nicht gibt. Die Polen selbst gehen lieber zelten, ein eigenes Wohnmobil haben hier die wenigsten. Die ausländischen Besucher fahren wohl lieber in südlichere Länder – was gut für uns war, denn so hatten wir sehr viel Platz und kaum Probleme, mit unserem Wohnmobil - auch zur Hauptsaison - irgendwo unterzukommen.
Leider gibt es aber auch hier – wie schon in Tschechien – keine klassischen Stellplätze wie in Spanien, Frankreich oder Deutschland, wo man preiswert und einfach eine oder mehrere Nächte verbringen kann. Man muss leider immer auf Campingplätze, wobei die günstigsten (Stand 2022 – zur Hauptsaison) nicht unter 22,- EUR zu bekommen sind. Meistens bezahlten wir rund 24 – 28 EUR (Wohnmobil mit zwei Personen und Strom). Wir hoffen, dass sich in diese Richtung bald etwas tut und vielleicht der ein oder andere Stellplatz öffnet, was Polen als Camper-Reiseziel noch attraktiver machen würde.
Was uns jedoch unendlich genervt hat war die teilweise superkomplizierte Preisgestaltung der Campingplätze. Man bezahlt zunächst immer für das Wohnmobil (bzw. für das entsprechende Fahrzeug, das man mitbringt: Auto, Motorrad, Wohnwagen ...) - soweit ist das noch halbwegs klar, obwohl manche dann zusätzlich noch zwischen Van, Wohnmobil, und hast-du-nicht-gesehen unterscheiden. Da ist aber nie eine (oder gar zwei) Personen eingerechnet. Somit bezahlt man zusätzlich für die Anzahl der Personen, da kommt es aber auf das Alter dieser Personen an: Babys, Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Senioren, Scheintote - jeder hat seinen eigenen Tarif. Dann zählt, ob man Strom möchte (manchmal auch wieviel Amperestunden), weiters ob man ein Haustier dabeihat (kleiner Hund, grosser Hund, Katze), ob man Wasser braucht, ob man Abwasser ablassen möchte, ob man die Toilette leeren möchte, ob man Duschen möchte und so weiter, und so weiter - es hat kein Ende. Und natürlich kommt dann immer noch die "Kurtaxe" separat oben drauf. Diese “Salami-Preisberechnung” macht manchmal das Ausrechnen der Platzgebühr zu einer Lebensaufgabe und hat uns extrem genervt!
Das Vanlife in Polen steckt also noch etwas in den Kinderschuhen, aber gerade das machte es für uns absolut reisewert. Auch wenn offiziell das Freistehen bzw. das wilde Campen in Polen verboten ist, hat es während unserem Aufenthalt nie jemanden gestört, wenn wir ein oder zwei Nächte an einem «Nicht-Campingplatz» verbracht haben. Im Gegenteil – wir haben beim Freistehen häufig Polizeifahrzeuge direkt an uns vorbeifahren gesehen, die sich überhaupt nicht um uns gekümmert haben. Es war aus unserer Sicht also in Ordnung, wenn man an einem schönen Parkplatz steht, solange man weiss, wie man sich zu verhalten hat, keinen Müll hinterlässt, keine lärmenden Partys veranstaltet und sich nicht so verhält, als würde man wochenlang dort bleiben. Für uns war es jederzeit entspannt und fühlte sich immer gut an. Daher: Polen mit dem Wohnmobil bekommt von uns 5 von 5 Sternen. Top Empfehlung und (fast noch) ein Geheimtipp!
Liebe Grüsse