Blicke in die schöne Natur und beruhige dein Gemüt.
Ludwig van Beethoven
Wir verlassen den Balaton und fahren weiter nach Slowenien. Die Wetteraussichten für die nächsten Tage sind niederschmetternd. Dauerregen für mindestens 4 Tage, Überschwemmungen, Sturm- und Hagelgefahr. Na das kann ja was werden. Wir haben uns im slowenischen Ormoz einen Stellplatz herausgesucht, an dem wir länger stehen können, um das schlechte Wetter aussitzen zu können. Kaum sind wir angekommen, fängt es auch schon wie aus Kübeln an zu regnen. Die nächsten 3 Tage ändert sich das Wetter kaum. Es bilden sich immer mehr Seen rund um Frida und wir haben schon langsam Bammel, dass wir komplett absaufen. Zum Glück kommen keine grösseren Unwetter mit Sturm und Hagel ins Landesinnere. An der Küste hat es da leider viel schlimmer ausgesehen. Bei uns war es einfach nur unendlich viel Wasser, das von oben kommt. Wir nutzen die Zeit, um Berichte zu schreiben und unsere Homepage wieder auf den neusten Stand zu bringen. Nach dem vierten Tag ist endlich Besserung in Sicht. Die Seen versickern langsam und wir können unseren ersten Kaffee draussen, mit ein paar wärmenden Sonnenstrahlen geniessen.
Jetzt wollen wir endlich weiter. Unser erstes Ziel ist Sloweniens Hauptstadt Ljubljana. Wir parken Frida etwas ausserhalb und fahren mit den Fahrrädern in die Altstadt. Positiv überrascht sind wir von den tollen Radwegen, die es hier gibt. Ein sicherer Platz zum Absperren ist gleich gefunden und wir machen uns zu Fuss auf, um das Zentrum und die Burg zu erkunden. Ljubljana gefällt uns von der ersten Minute weg. Der süsse Altstadtkern mit unzähligen Kaffees und Restaurants, kleinen Boutiquen und viele alte renovierte und auch noch ganz ursprüngliche Gebäude bilden eine gemütliche Atmosphäre. Wir schlendern durch die Gassen, lassen uns entlang des Flusses Ljubljanica treiben. Machen unzählige Fotos und erklimmen schlussendlich den Berg, oder besser gesagt Hügel, auf dem die Burg von Ljubljana seit rund 900 Jahren über der Stadtmitte thront. Von oben hat man eine phantastische Aussicht auf die Stadt und die umliegenden Berge. Wir machen einen Abstecher zur Drachenbrücke und lassen den Tag gemütlich im Park ausklingen.
Am nächsten Morgen geht es weiter nach Bled. Rene wollte ja eigentlich nicht dorthin. Er war schonmal dort und hat es nicht wirklich als “schön” oder “aufregend” in Erinnerung. Dazu kommt noch, dass dort alles sehr, sehr touristisch ist und die Preise unverschämt hoch sind. Campingplätze bekommt man keinen unter 40 Euro und Parkplätze fangen bei 3 Euro die Stunde an.
Ich will aber unbedingt nach Bled und dieses eine Foto - mit der Kirche im See - machen. Nach langen Hin und Her habe ich Rene überzeugt. Ein Parkplatz um schlappe 10 Euro für 4 Stunden ist gefunden und wir steuern diesen früh morgens an. Nun heisst es erstmal Wanderschuhe anziehen. Um das eine Foto zu bekommen müssen wir zu einem Aussichtspunkt laufen, bei dem gutes Schuhwerk empfohlen wird. Wir starten vom Parkplatz aus und laufen erstmal 40 Minuten entlang des Bleder Sees. Von hier aus hat man schon eine wundervolle Aussicht auf die Insel mit der Wallfahrtskirche Mariä Himmelfahrt und die im Hintergrund thronende Burg.
Da es erst kurz nach Mittag ist, wollen wir noch zu dem Peričnik Wasserfall nach Mojstrana fahren. Wir wissen noch nicht, ob wir da mit unserem Wohnmobil überhaupt hindürfen. Ich habe bei meiner Recherche gelesen, dass es wohl ab einem bestimmten Punkt Fahr- und Parkverbote geben soll. Wir wollen darum erstmal zu einer Touristeninformation fahren, um das abzuklären. Keine 30 Minuten später stehen wir vor einem Bergsteigermuseum, die sollten uns wohl Auskunft geben können. Bis jetzt haben wir noch kein Fahrverbot gesehen und die Parkplätze sind nur in der Nacht für Wohnmobile verboten.
Eine nette Dame erklärt mir in gebrochenem Englisch, dass es kein Problem ist, mit dem Wohnmobil zu den Wanderparkplätzen zu fahren, solange wir nicht über Nacht bleiben. Da es sich hier um einen Nationalpark handelt, ist das Übernachten verboten. Ausser, man geht in einen Campingplatz, dann darf man bleiben. Guter Dinge verlasse ich das Museum und tippe die Koordinaten für den etwas weiter entfernten Wanderparkplatz ein. Der Parkplatz ganz in der Nähe der Wasserfälle ist definitiv verboten für Wohnmobile – so viel wissen wir schon. Keine 3 Kilometer später – und natürlich VOR dem von uns angepeilten Parkplatz - stehen wir vor dem Fahrverbotsschild für Wohnmobile. Die Strasse ist breit wie eine Autobahn, wir sind gerade noch 700 Meter vom Parkplatz entfernt. Scheiss darauf, wir fahren weiter. Am Parkplatz angekommen steht noch ein englisches Wohnmobil und wir entschliessen uns, Frida hier abzustellen.
Es ist nicht immer einfach, mit dem Wohnmobil zu den schönen Orten zu gelangen. Oft gibt es Fahr- oder Parkverbote, obwohl es riesige Wanderparkplätze gibt. Im Normalfall respektieren wir diese Verbote auch und suchen uns Alternativen raus. Aber heute waren wir einfach nicht bereit, 15 Kilometer ausserhalb vom Startpunkt einer Wanderung zu parken. Etwas genervt über die ganzen Verbote und Regeln, die hier in dieser Region gelten, starten wir nun unsere Wanderung. Zuerst geht es 3 Kilometer entlang der Strasse zum offiziellen „grossen Wanderparkplatz“, bei dem dann der Aufstieg zu dem Wasserfall beginnt. Es wundert uns nicht, dass wir hier mindestens 8 Vans (Transporter) vorfinden, die ja angeblich nicht unter die Kategorie “Wohnmobil” fallen und deshalb hier parken. Egal, wir haben uns schon zu oft über dieses Thema geärgert. Ich knipse noch schnell ein Foto von der Wegbeschreibung, nicht dass wir uns verlaufen, und dann geht es auch schon rauf auf den Berg. Keine 10 Minuten später hat man schon einen schönen Ausblick auf den Wasserfall. Da uns das aber noch nicht reicht, gehen wir den Rundweg weiter und stehen keine 5 Minuten später ganz nah neben dem tosenden Wasserfall. Von hier aus kann man direkt hinter dem Wasserfall vorbeilaufen. Es ist ein kühles und ziemlich nasses Erlebnis, aber auf jeden Fall sehr beeindruckend durch den Wasserfall hinab in das Tal zu blicken. Es ist einmalig, mit was für einer Naturgewalt das Wasser in die Tiefe stürzt. Hier darf man sich keinen Fehltritt erlauben. Auf der anderen Seite angekommen kann man noch höher hinauf und bekommt nochmal eine ganz andere Perspektive zu sehen. Wow, es hat sich auf jeden Fall gelohnt hierherzukommen.
Das Wetter zieht immer mehr zu und es wird langsam kühl. Wir sind mitten in den Karawanken und dem Triglav-Gebirge. Hier wird es einfach früher frisch als im Tal. Zum Glück ist es bis zu unserem Schlafplatz in Kranjska Gora nicht mehr allzu weit. Dort heizen wir erstmals unser Wasser auf, um eine warme Dusche nehmen zu können und kochen uns was Leckeres zu Abend. Unser Stellplatz in Kranjska Gora ist perfekt gelegen, um am nächsten Morgen die Jasna Seen zu Fuss zu erreichen. Wir packen unser Frühstück ein und laufen los. Mit dem, was uns dort erwartet, hätten wir nicht gerechnet. Die zwei künstlich angelegten Seen sind wie ein riesiges Aquarium. Das Wasser ist glasklar und wenn die Sonne rauskommt, spiegeln sich die umliegenden Berge im Wasser. Wir frühstücken auf einem Holzdeck und geniessen die wärmenden Sonnenstrahlen und die unglaubliche Natur, die sich uns bietet.
Die Szene und das glasklare Wasser schreien förmlich danach, mit unserer Drohne überflogen zu werden. Die Aufnahmen sehen schon am Handy phantastisch aus. Auf dem Rückweg laufen wir an der Sava entlang und Rene entschliesst sich, die Drohne nochmals auszupacken, um dort noch ein paar weitere Aufnahmen vom wunderschönen Fluss zu machen. Wir stehen im Flussbett, und kurz nachdem die Drohne in der Luft ist, wird sie wie von magischer Hand (oder vielleicht auch aufgrund eines Pilotenfehlers) von einem Busch angezogen. Rene sieht das Unglück auf dem Display seines Controllers, ich sehe es live: die Rotoren wurschteln sich kurz in die dünnen Äste, und einen kurzen Augenblick später stürzt der Mulitcopter rücklings wie ein Sack vom Himmel in das eiskalte Wasser der Sava. Rene steht erschrocken da, während ich sofort losrenne. Ich ziehe meine Schuhe und die Hose aus und stürze mich halbnackt in die eiskalten Fluten. OK, zugegeben: es waren keine Fluten, der Fluss war an dieser Stelle nicht allzu tief. Aber bis zu den Knien bin ich trotzdem im Wasser gestanden. Dank des klaren Wassers finde ich die Drohne sofort und kann Sie bergen. Rene ist auf hundertachzig. Er würde alles am liebsten hinschmeissen, denn die Chance, dass eine Drohne einen Absturz ins Wasser überlebt, liegt bei 1 %. So behaupten es zumindest viele YouTuber, denen dasselbe Malheur passiert ist. Rene nimmt sofort den Akku aus der Drohne und schaltet alles ab. Sie tropft aus allen Ritzen. Das war es dann also – einfach mal schnell 900 Euro im Wasser versenkt.
Ich will die Hoffnung nicht aufgeben und mache den Vorschlag, dass wir sie erstmal trocknen und dann in Reis einlegen. Wir laufen zurück zum Wohnmobil und besorgen uns unterwegs noch zwei Kilo Reis. Wir legen sie in ein Reisbett – hier muss sie die nächsten Tage trocknen. Instinktiv haben wir – wie sich später herausstellen sollte – zumindest alles richtig gemacht: Alles sofort ausschalten, das sichtbare Wasser entfernen und mit einem Tuch abwischen. Keinesfalls sofort probieren, ob die Drohne noch fliegt, das könnte zu einem irreparablen Kurzzschluss führen. Dann in einen Sack mit Reis einlegen vollständig bedecken und Luftdicht verschliessen – und dort mindestens 5 Tage trocknen lassen. Das ist die einzige Chance. Kein Föhn, kein Backofen oder sonstige Rettungsmassnahmen – denn das macht alles nur noch schlimmer. Mehr können wir im Moment also nicht tun. Es wird sich in 5 Tagen rausstellen, ob sie den Absturz überlebt hat und unsere Erste-Hilfe-Massnahmen erfolgreich waren - oder ob jede Hoffnung verloren ist.
Wir holen die Fahrräder raus und machen uns auf den Weg zum kleinen Naturreservat „Zelenci“. Das Naturreservat gilt als die Hauptquelle des Flusses Save. Ich habe bei der Recherche ein Bild gesehen und zu Rene gesagt, wenn wir in der Nähe sind, dann müssen wir uns diesen kleinen See unbedingt ansehen. Am Parkplatz zum Reservat sperren wir die Räder ab und laufen ein kurzes Stück durch den Wald und kommen dann bei einem Holzsteg raus, der zu einem Aussichtsturm führt. Das Bild, dass sich uns hier bietet, entspricht so gar nicht dem Bild, dass ich in Erinnerung hatte. Hier hat der heisse und trockene Sommer definitiv seine Spuren hinterlassen. Der See gleicht nur noch einem kleinen, sehr anstrengend riechenden Tümpel.
Wir können nicht in Italien bleiben und fahren zurück zu unserem Stellplatz. Nach einer weiteren eisigen Nacht in Kranjska Gora beschliessen wir, weiterzufahren. Es soll bald wieder eine Regenfront auf uns zukommen. Wir befreien Frida von der Eisschicht und fahren nach einer unendlich langen Diskussion, die ich jetzt nicht genauer erläutern will, über Italien in Richtung Soca und nicht über den Vršič-Pass. Sogar unser Navi will nicht über diesen Pass fahren. Nur Rene möchte es. Im Nachhinein bin ich mir nicht sicher, welche Strecke leichter gewesen wäre, wir werden es vermutlich nie erfahren. Aber über Italien war es auch schön. Kurz bevor wir am Ziel ankommen, keine 5 Kilometer vom Parkplatz entfernt, passiert uns dann leider eine leichte Kollision mit einem Transporter. Es ist eine enge Stelle und wir können nicht noch weiter rechts fahren. Unsere zwei Spiegel berühren sich und der dumpfe laute Knall verheisst nichts Gutes. Wir bleiben sofort stehen und schauen nach. Der Transporter fährt einfach weiter als wäre nichts gewesen und ist schneller weg als ich schauen kann, geschweige denn ein Kennzeichen erkennen kann. Das hat uns gerade noch gefehlt. Wir fahren zur nächsten Parkbucht und wollen uns mal das Ausmass des Schadens genauer anschauen. Gehäuse und das Blinker-Glas sind kaputt. Der Blinker selbst funktioniert zum Glück noch. Es hätte zwar schlimmer sein können, ärgerlich ist es dennoch. Ziemlich unmotiviert treten wir die Weiterfahrt an. Rückgängig machen können wir es ja eh nicht mehr, ärgern tut es uns aber trotzdem.
Die Zeit vergeht wie im Fluge und wir machen uns auf den Weg zurück zum Wohnmobil. Da wir so nahe an Italien sind, habe ich uns für heute einen Übernachtungsplatz in den italienischen Weinbergen herausgesucht. Hätte ich im Vorhinein gewusst, wie die Anfahrt zu diesem Platz ist, dann hätte ich mir das vielleicht nochmal überlegt. Welche Gemeinde baut den bitte einen Wohnmobilstellplatz auf einen Weinberg, bei dem eigentlich die Durchfahrt für Fahrzeuge die mehr als 2,5 Tonnen haben, verboten ist (Wohnmobile ausgenommen?!?). Eine schöne Aussicht und eine ruhige Nacht hatten wir trotzdem in Cormons. Die offizielle Zufahrtsstrasse für Wohnmobile haben wir auch am nächsten Tag nicht wirklich gefunden.
Am nächsten Tag geht es dann weiter in Richtung Süden. Es soll nur noch heute schön sein und das wollen wir nutzen. Auf dem Weg Richtung Lipica fahren wir noch schnell an der Salcanobrücke (slowenisch Solkanski most) vorbei. Sie gilt als die grösste gemauerte Eisenbahn-Bogenbrücke der Welt. Wenn man schon in der Nähe ist, kann man sie sich anschauen, aber extra dort hinfahren lohnt sich unserer Meinung nach nicht. Da haben wir schon schönere und beeindruckendere Brücken gesehen. Unser heutiges Ziel sind die Lipizzaner-Pferde. Seit über 500 Jahren wird in Lipica diese Rasse gezüchtet. Und da ja meine Schwester und meine Nichte Pferdenarren sind, musste ich dort fast vorbeischauen, um ihnen ein paar Fotos zu schicken. Am Gestüt angekommen setze ich Rene kurzerhand beim Kinderspielplatz ab. Er kann mit Pferden - sofern keine Motorhaube drüber ist - nicht wirklich viel anfangen und soll sich hier eine Auszeit gönnen. Eine Bank in der Sonne ist gleich gefunden und Gratis WLAN gibt es auch, und wenn er will kann er auch noch schaukeln gehen.
Somit ist mein Mann versorgt und ich steure auf die ersten Weiden zu. Genervt komme ich eine Stunde später zurück. Ich bin mindestens 4 Kilometer gelaufen und es hat sich kein einziges Pferd blicken lassen. Sauer und angepisst setzte ich mich ins Wohnmobil und will einfach nur noch weg von hier. Rene weiss nicht, wie ihm geschieht. Als wir uns verabschiedet haben, war alles noch in Ordnung und jetzt hat er einen Hausdrachen neben sich auf dem Beifahrersitz sitzen. Brav und ohne Gegenwehr setzt er Frida in Bewegung. Keine 100 Meter später, als wir entlang der Strasse fahren, die durch die Weiden führen, stehen plötzlich zwei grosse Herden von Lipizzanern auf den Weiden. Stuten mit ihren Fohlen stehen genau da, wo ich vorhin alles abgelaufen bin. Als wären sie immer schon hier gewesen. Wir bleiben stehen und stellen unsere Frida an den Strassenrand. Mein Puls beruhigt sich ein bisschen und ich bin dann zum Ende des Tages wieder besser gelaunt und froh, dass ich doch noch die Lipizzaner-Pferde beobachten konnte und gesehen habe.
Kurz bevor der Regen einsetzt, kommen wir am Stellplatz in Kozina an. Hier wollen wir erstmal bleiben, bis das Wetter etwas besser wird, oder wir einen Stellplatzkoller bekommen. Die Aussichten für die nächsten 8 Tage sind grausam. Ausser Regen und noch mehr Regen soll sich am Wetter nicht viel ändern. Im nächsten Bericht werden wir euch wissen lassen, wie lange wir schlussendlich in Kozina festgesessen sind. Und ob die Erste-Hilfe unsere Drohne gerettet hat.