Es gibt etwas bei einer Safari, dass dich alle Sorgen vergessen lässt und dir das Gefühl gibt, du hättest eine halbe Flasche Champagner getrunken – ein Gefühl, das dich überschäumt vor tiefempfundener Dankbarkeit am Leben…“
Karen Blixen, dänische Schriftstellerin und bekannt für ihr Meisterwerk Jenseits von Afrika.
Wir sind mittlerweile von der Lodge wieder in das Haus von John und Hanna zurückgekehrt. Abends – es ist wieder einmal «Load Shedding» und der Strom ist weg. Wir sitzen mit unseren Handytaschenlampen im Dunklen im Fernsehraum und diskutieren über das, was wir heute erlebt haben. Magdalena steht auf und geht aufs WC. Schockmoment, als sie die Türe zum Gang aufmacht: der Strahl der Taschenlampe fällt genau auf einen Skorpion, der sich gerade mal einen Meter entfernt vor ihr befindet und sofort unter die Türe durch in das Badezimmer verzieht. Wir rufen John, der gleich mit der UV-Taschenlampe anrückt. Dank derer finden wir ihn schnell unter dem Badezimmerschrank und können ihn einfangen. Es ist ein Transvaal-Skorpion. Einer der gefährlichsten Skorpione der Welt. Das Gift bringt dich auf jeden Fall ins Krankenhaus. Bei einem schlechten oder angeschlagenen Immunsystem, geringen Körpergewicht oder einer allgemeinen Unverträglichkeit gegen das Skorpiongift ist der Ofen definitiv aus. Bedeutet: End of life!
Es lässt ihm keine Ruhe, er möchte nun nochmals das ganze Haus und auch um das Haus herum alles kontrollieren und absuchen. John und Hanna sind Eltern, und ihre Kleine ist gerade mal 10 Monate alt. Wenn ihr ein solcher Skorpion in die Quere kommt, wäre das möglicherweise ein Todesurteil für ihr Baby. Das möchte niemand miterleben. Wir suchen also die Umgebung ab – und wer hätte es gedacht: wir finden ausserhalb des Hauses nochmal zwei Transvaal-Skorpione und einige der Mosambik-Variante, die nicht viel ungefährlicher sind. Wir fangen alle ein und sperren sie zunächst in Gläser. 3 Stück der gefährlichsten Skorpione der Welt stehen nun also auf der Küchentheke. Sie rühren sich kein Stück und gehen vermutlich davon aus, dass bald ihre letzte Stunde geschlagen hat. Aber John kann das nicht. Wie erwähnt – er ist so unglaublich tierlieb, dass er sie in eine Box gibt. Er will sie vom Haus wegbringen und in der Natur aussetzen. Ich begleite ihn, und gemeinsam fahren wir zu einer Stelle etwa 3 km vom Haus entfernt und entlassen sie in die Freiheit.
Für uns gehen die Dreharbeiten weiter. «Bush-Walks» gehören ebenfalls zum Angebot von Tatt´s Tours Africa. Wie der Name schon suggeriert, läuft man bei einem Bush-Walk mit einem Guide durch den Busch, begibt sich auf Spurensuche und versucht, der Tier- und Pflanzenwelt näher zu kommen. Natürlich muss so eine Szene auch in den Kasten. Wir laden einige Freunde und Bekannte ein, uns an einem Bush-Walk zu begleiten, damit wir das auf unser digitales Zelluloid festhalten können. Wir verbringen einen wunderbaren Nachmittag mit ganz vielen supernetten Leuten und haben jede Menge Spass beim Dreh. Es funktioniert alles reibungslos, alle sind mit Begeisterung dabei und machen ihre Sache einfach perfekt. Jede Anweisung, die ich gebe, wird prompt umgesetzt. So macht es Spass. Leider geht es nicht ganz unblutig ab: bei vollem Körpereinsatz verletzt sich Magdalena an einem Strauch am Bein. Natürlich lässt sie sich nichts anmerken. Mal schauen, ob aus dem Kratzer eine Narbe wird.
Obwohl wir schon unglaublich viele Tiere zu Gesicht bekommen haben, möchten wir einen Blick in den wohl berühmtesten Nationalpark Afrikas, ja wenn nicht der ganzen Welt, werfen: dem Kruger Nationalpark. Das ist nicht Teil unseres Arrangements, aber wir übernehmen gerne die Kosten dafür und verbringen mit John und Anna, die uns gerne begleiten, einen ganzen Tag im Nationalpark. Der Kruger Nationalpark hat unvorstellbare Dimensionen. Angefangen bei seiner Grösse von rund 19.500 km². Somit ist er flächenmässig um einiges grösser als beispielsweise Bahrain (760 km²), Luxemburg (2.586 km²), Zypern (9.251 km²), Jamaika (10.991 km²) oder Kuwait (17.818 km²). Die unglaubliche Gesamtfläche des Kruger Nationalparks ist vergleichbar mit Slowenien (20.273 km²) oder Israel (20.770 km²) und ist somit halb so gross wie die ganze Schweiz!
Das Gebiet beheimatet 1.982 verschiedene Pflanzenarten, 517 Vogelargen 120 Reptilienarten, 52 Fischarten und 147 Säugetierarten. Dass es ein Naturschutzgebiet ist, verdanken wir in erster Linie dem Sohn deutscher Einwanderer: Paul Krüger. Als Südafrikas Präsident erklärte er im März 1898 mit den Worten «Wenn ich diesen kleinen Teil von Lowvelds nicht schütze, werden unsere Enkelkinder nie wissen, wie ein Elefant, Löwe oder Kudu aussehen» das Sabie Game Reserve zum Schutzgebiet für Wildtiere.
Unser Programm ist noch nicht durch. Auf unserer Liste steht die Panoramaroute, die es ebenfalls als Package zu buchen gibt. Daher geht es für uns am nächsten Tag wieder los auf eine Ganztagestour, die es wirklich in sich hat. Afrikas Naturschönheiten stehen heute im Vordergrund, und wir sind mit Kameras und Drohne wieder mit dabei. Wir starten mit der Wanderung bei den Tufa Waterfalls. Nach einem leichten Fussmarsch von etwa 30 Minuten erreichen wir die Wasserfälle. Mangelware ist leider das Wasser selbst. Das Becken und die Szene sind trotzdem wunderschön, auch wenn kaum Wasser von oben strömt. Der Teil hat sich auf jeden Fall gelohnt und wir können wunderschöne Bilder und schönes Videomaterial sammeln.
Für uns heisst es nun: Koffer packen. Schon wieder. Das Reiseunternehmen möchte im Imagefilm gerne auch Szenen aus Kapstadt und dessen Umgebung haben. Daher müssen wir dorthin. Doof ist, dass Kapstadt einmal quer über ganz Südafrika genau auf der entgegengesetzten Seite liegt. Das kann man mit dem Auto machen, aber da wäre man dann mindestens 2, wenn nicht eher 3 Tage unterwegs. Also müssen wir Fliegen. Für unser schmales Reisebudget ist zwei Mal im Monat fliegen nicht gerade besonders förderlich. Selbst ohne den Aufpreis für die Klasse beim Flug nach Johannesburg – den ich privat und nicht aus der Reisekasse bezahlt habe - sind wir diesen Monat einiges über unserem Monatslimit. Aber in den sauren Apfel müssen wir leider beissen – denn es nützt ja nichts, wenn John und Hanna 3 Tage vor uns in Kapstadt ankommen. Also: Augen zu und durch. Der Inlandsflug kostet beinahe gleich viel wie der Flug von Zürich nach Johannesburg. Autsch…