“For to die with honor is far better than to live disgraced.” (Denn mit Ehre zu sterben ist viel besser, als in Schande zu leben.)
The Legends of King Arthur and His Knights
Endlich, endlich, endlich: Stonehenge! Das, was mir Windows7 jahrelang als Hintergrundbild angezeigt und sich schon fast in den Bildschirm eingebrannt hat, wird jetzt Realität. Was wir aber schon im Vorhinein wissen und uns nicht überrascht: die einzigen sind wir nicht, die Stonehenge sehen wollen. Als wir in die Nähe unseres Zieles kommen, sehen wir schon von Weitem den riesigen Parkplatz und die Ausschilderung, wer wo stehen darf. Das ist mir jetzt erstmal egal und ich fahre einfach dorthin, wo schon ein paar andere Wohnmobile stehen. Das passt dann auch.
Der Himmel über uns zeigt zwar einige blaue Stellen, aber auch einige dunkle Wolken ziehen hinterher. Und da Regen keine Seltenheit in England ist gehen wir davon aus, dass es nicht trocken bleiben wird. Im Moment ist aber noch alles gut und wir gehen zum Besucherzentrum, wo die Ticketschalter sind. Angeberisch wie eh und je zeigen wir wieder einmal unsere English Heritage-Karte vor und kommen in den Genuss der englischen Freundlichkeit. Das ist nun überhaupt nicht sarkastisch gemeint – im Gegenteil: wir sind einmal mehr begeistert davon, wie freundlich und hilfsbereit hier alle sind. Wir haben es ja in den anderen Berichten bereits erwähnt, und ich muss es einfach nochmal machen: Entweder werden die Mitarbeiter hier speziell geschult, oder es werden einfach nur nette Leute eingestellt. Wir dürfen nun also einmal mehr kostenlos durch die Eingangsschranke. Der reguläre Eintrittspreis von Stonehenge hat es durchaus in sich: satte 23,60 Pfund (ca. 28,30 EUR) sind pro Erwachsenen fällig. Das ist wirklich ganz schön happig, aber man ist sich bewusst, dass die Touristen es sehen wollen und den Preis zähneknirschend bezahlen. Immerhin ist ein kostenloser Audio-Guide dabei, den man sich über einen QR-Code auf das Handy laden kann.
Die Stätte selbst erreicht man entweder über einen kostenlosen Shuttle-Bus, der vom Besucherzentrum in kurzen Abständen zum Ziel fährt – oder man läuft die etwa 2 km lange Strecke zu Fuss. Wir entscheiden uns für Letzteres. Als wir ankommen, bin ich etwas überrascht. Auf den Bildern von Stonehenge sieht es immer so aus, als wäre es komplett abgeschieden irgendwo in der hintersten Botanik. In Wahrheit läuft keine 500 m entfernt eine wirklich stark befahrene Bundesstrasse vorbei. Und natürlich drängeln sich um die Kultstätte auch zahlreiche Touristen. Der Steinkreis selbst ist nicht begehbar. Das Areal ist weiträumig abgesperrt und man kann den Steinkreis je nach Standort nur von etwa 30 m Entfernung betrachten - näher kommt man nicht ran. Aber das genügt auch, man muss nicht immer alles angreifen. Tatsächlich ist die Steinsetzung seit Ende der 1970er-Jahre nicht mehr direkt begehbar, aber ein schöner Rundweg führt einmal um die Stätte herum. Wir lassen uns wieder einmal viel Zeit, hören geduldig dem Audio-Guide zu, aber ein Foto ohne Menschen im Hintergrund zu machen ist ziemlich unmöglich. Gut, damit müssen wir leben. Es ist wirklich faszinierend, dieses Bild, welches sich jahrelang im Kopf festgesetzt hat, nun einmal live zu sehen. Es wirkt mystisch und magisch zugleich.
Auf unserem Weg nach Tintagel und um die lange Fahrt ein wenig zu verkürzen machen wir Halt beim Old Wardour Castle. «Old» ist es deswegen, weil ganz in der Nähe ein «New»es errichtet wurde. Das kann man allerdings im Gegensatz zum «Old»en nicht besuchen. Die Burgruine liegt etwa 24 km westlich von Salisbury in der Grafschaft Wiltshire. Die Burg wurde in den 1390er-Jahren errichtet und 1643–1644 im englischen Bürgerkrieg teilweise zerstört. Das Anwesen ist – wie sollte es auch anders sein – wieder einmal sehr schön gepflegt, mit perfektem Rasen und schön geschnittenen Büschen. Und auf noch eine kleine Besonderheit stossen wir bei unserem Rundgang: die Ruine diente für den 1991 gedrehten Film «Robin Hood – König der Diebe» mit Kevin Costner auch als Filmkulisse. Ein paar Bilder von den damaligen Dreharbeiten erinnern daran.
Am nächsten Tag geht es nach Tintagel (das ich der Einfachheit halber gerne «Tingel-Tangel» nenne). Und auch da gibt’s etwas Besonderes, nämlich das Tintagel Castle. Was dem Mitteleuropäer vielleicht nicht enorm viel (oder gar nichts) sagt, hat für den Briten eine viel höhere Bedeutung: denn hier soll der Sage nach der mystische König Arthus geboren worden sein. Oder zumindest gezeugt, so genau weiss man das nicht. Aber es ist und bleibt eine Sage. Realität ist jedoch das Wetter an diesem Tag: der Wind peitscht uns den ganzen Tag den Regen ins Gesicht. Schon als wir am Parkplatz in Tingel-Tangel ankommen schüttet es unaufhörlich. Zum Glück haben wir ordentliche Regenkleidung dabei, die an diesem Tag wieder einmal voll zum Einsatz kommt.
Dank English Heritage sparen wir uns auch hier wieder einmal 16 Pfund pro Nase (ca. 19 EUR) an Eintrittsgeld. Spannend ist dann wirklich die geografische Lage der ehemaligen Burg: vom Hauptland getrennt führt nur ein schmaler Grat auf die kleine Insel, wo heute nur noch die Ruinen erkennbar sind. Oder besser gesagt die Grundmauern, denn viel mehr ist nicht übrig. Auch erinnert die ganze Anlage mehr an ein ehemaliges Dorf oder eine Siedlung als an ein Castle. Die Überreste von einigen Häusern und einer Kirche sind noch zu finden. Heute ist die Insel wegen der zunehmenden Verwitterung des Verbindungsgrats über eine moderne, neu errichtete Brücke zu erreichen. Uns bläst der Wind fast die Haare von der Birne, und wir sind von oben bis unten nass. Zum Glück bleibt unsere Regenkleidung dicht. Wir erkunden die ganze Insel oder besser gesagt das, was von den ehemaligen Bauten noch übrig ist. Auf der Spitze, am höchsten Punkt, steht ein architektonisch wirklich sehenswertes, metallenes Abbild von König Arthur. Wir stemmen uns gegen den Sturm und schiessen ein paar Bilder von schwerthaltenden Stahl-Arthur, bevor wir uns dann wieder auf den Rückweg zum Dorf machen.
Tintagel selbst ist ziemlich überschaubar, natürlich übersät von Touristen und Parkplätzen für selbige. Die meisten Souvenir-Geschäfte bieten – wer hätte es erraten – die King Arthur Statuen als Miniatur-Nachbildungen in allen Grössen zum Verkauf an. Zugegeben – kurz habe ich mit dem Gedanken gespielt, so eine Figur mitzunehmen. Aber wir wissen beide nicht, wo sie ihren Platz in unserer Frida gefunden hätte und so entscheidet die Vernunft, es nicht zu tun.