«Portugal und Ich» – ja, das könnte der Titel einer Liebesgeschichte sein. Oder eines Sommermärchens. Oder beides. Aber irgendwie ist da der Wurm drinnen, bei Portugal und mir. Aus dem Bauch heraus behaupte ich, für den «Beginn einer Beziehung oder Freundschaft» gibt es folgende Szenarien:
a) Liebe auf den ersten Blick (keine weitere Erklärung notwendig, Schmetterlinge und so)
b) Anfängliche Sympathie, die sich früher oder später vielleicht zu Liebe entwickelt
c) Neutralität («geht so», «nett», «OK») mit unbekanntem Ausgang («…Freunde?»)
d) Sofortige Abneigung und Antipathie. Liebe für immer und ewig ausgeschlossen. Die Leute, deren Nummer du in Deinem Telefonbuch nicht gespeichert haben willst.
Ohne ein Liebespädagoge zu sein würde ich weiters behaupten, dass aus c) selten und d) so gut wie nie eine bodenständige Beziehung entsteht. Aber auszuschliessen ist es nicht.
Ich bin bei Portugal irgendwas zwischen b und c. Eher ein bisschen mehr c. Wer kennt das nicht? Es ist wie die Party, auf die man sich monatelang freut, für die man sich dann herausputzt ohne Ende und es kaum erwarten kann, bis es endlich los geht – und dann ist es der totale Reinfall. Langweilig, schrecklich, enttäuschend, man möchte am liebsten gleich wieder nach Hause. Komische Leute, doofe Mucke, warmes Bier. Und so geht es mir ein bisschen mit Portugal. Die Party, auf die ich mich gefreut habe. Ich habe keine Ahnung, ob es noch besser wird, ob man sich besaufen muss, damit es lustig wird oder ob es auch über der Promillegrenze so bleibt wie es ist.
Okay jetzt aber mal langsam. Wir sind jetzt seit gerade mal 16 Tage in Portugal, also knappe zwei Wochen. Es hat schon holprig angefangen, die Geschichte mit Mertola, Alcoutim und Serpa – wo wir das erste Mal auf unserer Reise keinen Platz für uns und unsere Frida bekommen haben, obwohl der Platz fast leer war. Luis war dafür definitiv ein Glücksgriff und hat wieder einiges gut gemacht. Doch jetzt sind wir an der Algarve, der südlichen Küste von Portugal (es gibt auch eine «West-Algarve», die ist aber erst unser nächstes Reiseziel). Na ja, so richtig willkommen fühlt man sich hier nicht. Zumindest nicht mit dem Wohnmobil. Es sind die vielen kleinen Dinge, die kleinen Nadelstiche, die bei uns den gemischten Eindruck hervorrufen.
Beispiel? Kreisverkehr. Während es in Spanien kein Problem darstellt, sich bei einem mehrspurigen Kreisverkehr in die rechte Spur einzuordnen, auch wenn man ihn NICHT an der ersten Ausfahrt verlässt, glauben die Portugiesen sie müssen einen belehren und vor allem behupen. Portugiesische Kreisverkehrkunde: Nur wer einen mehrspurigen Kreisverkehr an der ERSTEN Ausfahrt verlässt, «darf» sich auf der ganz rechten Spur einordnen. Ansonsten ist die mittlere bzw. linke zu wählen, die dann logischerweise auch im Kreisverkehr selbst in einer der inneren Spuren mündet. Anschliessend muss dann bei der angepeilten Ausfahrt von der Inneren über die äussere Spur abfahren. So weit so gut und macht auch Sinn – mit einem PKW! Aber, ihr lieben, superschlauen Portugiesen – macht das mal mit einem Wohnmobil, Transporter oder einem LKW, das/der
- erstens mal einen ganz anderen Wendekreis hat,
- zweitens ein ganz klein bisschen länger ist als euer schnuckeliger Toyota Aygo und
- drittens mit dem man nicht so superflockig über die rechte Schulter schauen kann, ob da noch ein geisteskranker Organspender mit seinem Moped, Motorrad oder Rennsemmel meint er müsse noch schnell rechts aussen überholen.
Stattdessen wird umgehend gehupt und die Faust gezeigt, wenn man die rechte Spur nimmt und nicht gleich an der ersten Ausfahrt ausfährt. Ja, nerviges Thema, kann man aber verschmerzen. Man gewöhnt sich dran, angehupt zu werden und es ist mir ziemlich schnurzpiepegal. Aber das haben wir bisher nur in Portugal erlebt.
Die Algarve lockt im Werbeprospekt mit Traumständen, Felsküsten und Höhlen. Alles wunderbar. Ist es auch – wenn man hinkommt. Was wir schon vielfach gehört haben, bestätigt sich nun. Nachdem in Portugal seit 2021 das Gesetz des Freistehens viel schärfer kontrolliert und geahndet wird, ist man ohnehin gezwungen, auf einen Stellplatz oder Campingplatz auszuweichen. Das ist ja an sich kein Problem. Aber sich an der Algarve mit dem Wohnmobil oder Van zu bewegen, macht – wenn es überhaupt möglich ist – keinen Spass. An jeder Ecke sind die «Wohnmobile, Vans und Wohnwagen verboten»-Schilder. Nahezu jede Strasse, die irgendwo an einen mehr oder minder interessanten Küstenabschnitt führt, ist für grössere Fahrzeuge gesperrt und verboten. Und da meine ich nicht «übernachten» - nein, schon das BEFAHREN ist nicht gestattet.
Aber fangen wir in der Zeitleiste mal vorne an. Nach den wunderbaren Tagen bei Luis auf seinem privaten Stellplatz fahren wir nach Tavira. Marianne begleitet uns. Das kleine Städtchen ist nicht allzu gross und wirklich nett anzusehen. Die Brücken über dem Fluss sind eines der (Foto)Highlights. Die Fahrt von unserem Stellplatz zur Innenstadt bewältigen wir einmal mehr mit unseren Bikes. Das Zentrum ist überschaubar, und so lassen wir uns einfach Zeit um alles zu erkunden. Am Rio Gilão – dem Fluss der Quer durch die Stadt fliesst – sehen wir ein echt ungewöhnliches Tier das in der Nähe des Ufers entlangschwimmt. Beim Anblick denken wir alle sofort dasselbe: BATMAN! Echt witzig, keiner von uns hat je etwas in der Art gesehen. Es sieht irgendwie aus wie eine Schnecke oder Qualle, ist ungefähr 20 cm gross und schwarz. Und hat einen im Wasser wehenden Umhang! Wir verfolgen das Tierchen eine ganz Weile lang, machen Fotos um später vielleicht jemanden zu fragen, was das sein könnte. Dank Google kommen wir aber dann doch selbst drauf. Es handelt sich um einen gefleckten Seehasen. Für alle, die sich darunter genauso wenig vorstellen konnten wie wir davor, hier ein kurzes Video (das allerdings nicht von uns stammt):