
Yellowstone´s Dampfende Wunder
6. September 2023Neues Zeichen, neues Land

Nur wer Grenzen überschreitet, wird neue Horizonte entdecken.
06. September 2023 - Reisetagebuch Eintrag #135
- NEUES ZEICHEN, NEUES LAND | geschrieben von Magdalena
Bremsen, die Zweite
Wir haben den Grand Teton Nationalpark verlassen und fahren nach Montana. Kurz vor Mittag kommen wir in Bozeman an. Unser wichtiger Termin ist erst gegen Abend, somit haben wir noch etwas Zeit. Wir wollen diese nutzen und unser Bremsen Problem nochmals angehen. Das mit dem Chevyhändler lassen wir und fahren gleich zu einer Tires und Brakes Garage. Die nehmen Ollie gleich auf die Bühne und machen sich ans Werk. Keine fünf Minuten später ruft uns der Mechaniker in die Werkstatt und erklärt uns das er vermutet, dass es der Hauptbremszylinder oder der Bremssattelkolben sein könnte. Er würde zur Sicherheit einfach mal alles austauschen. Die Bremsen selbst sehen sehr gut aus und da würde er jetzt nichts ändern. Wir sind erstmal sprachlos und warten gespannt auf sein Angebot. Keine zehn Minuten später kommt er mit einem A4 Blatt zu uns und teilt uns mit, dass wir eine Woche warten müssen, bis die Ersatzteile hier sind und der ganze Spass uns schlappe 2.500 US-Dollar kosten wird. Wir fragen nochmals nach, ob er sich ganz sicher ist, dass wirklich der Bremszylinder das Problem ist. Er zuck nur mit den Schultern und meint, das wüsste er jetzt nicht so genau, aber es deutet alles darauf hin und am besten einfach mal alles austauschen.
Uns ist das dann doch ein wenig zu unkompetent und wir beschliessen, alles nochmal zu überdenken. Erstens können wir nicht über eine Woche warten, unser Visum läuft bald ab, und zweitens funktionieren die Bremsen ja einwandfrei. Wir fahren noch zu einer anderen Garage und wollen uns dort eine zweite Meinung einholen. Wir erzählen dem Werkstattmeister von unserem Problem und er nimmt sich der Sache gleich an. Seine Erklärung für unser Geräusch ist, dass vermutlich die Bremsen beim Bergab fahren irgendwann einmal zu heiss gelaufen sind und somit die Bremsscheibe nicht mehr ganz plan ist. Das sei aber nicht so schlimm und man kann es einfach so lassen. Sie haben auch noch den Druck der Reifen überprüft und festgestellt, dass bei zwei Reifen die Ventile kaputt sind und der Reifendruck zu nieder war. 30 Minuten später und 70 Dollar ärmer verlassen wir die Werkstatt. Für uns klingt die Erklärung logisch und ehrlich gesagt wollen wir auch keine 2.500 Dollar bezahlen, wenn es nicht notwendig ist. Wir beschliessen das Bremsen Thema mal ad acta zu legen und hoffen, dass es einfach wirklich nur eine minimal verzogene Bremsscheibe ist.
New Plates
Bald ist es endlich so weit. Uns trennt nur noch ein Bier von unseren neuen Titel (Fahrzeugbrief) und Kennzeichen. Bis jetzt sind wir mit einem temporären Kennzeichen herumgefahren. Das soll sich ab heute ändern. Matt von www.visitor.us hat uns vor einigen Tagen informiert, dass die Plates (Kennzeichen) angekommen sind. Da wir eh schon in seiner Nähe waren, haben wir beschlossen sie persönlich abzuholen und so auch Matt persönlich kennenzulernen. Matt hat für uns all den Papierkram erledigt, um als Ausländer ein amerikanisches Fahrzeug anmelden zu können. Wie zufrieden wir mit dem Service von www.visitor.us und ihm waren, könnt ihr im Bericht USA: Wohnmobil kaufen statt mieten nachlesen. Zwei Stunden später verlassen wir die Bar mit unseren neuen Kennzeichen inklusive Montana-Title und sind happy, nun auch diesen Punkt abhaken zu können. Die Zeit vergeht leider wieder viel zu schnell und wir müssen uns leider von Matt verabschieden, obwohl wir vermutlich noch stundenlang hätten weiterquatschen können. Wir sind froh, dass wir ihn persönlich kennenlernen konnten und dass wir uns bei ihm bedanken konnten. Jetzt sollte einem Grenzübertritt nach Kanada nichts mehr im Wege stehen.
Der nächste Tag beginnt mit administrativem Kram. Wir wollen noch einen Grosseinkauf machen und uns für Kanada eindecken. Da sollen die Lebensmittel angeblich teurer werden. Wir waschen auch noch all unsere Wäsche und kommen nachmittags im Lewis and Clark National Forest an einem schönen Dispersed Campground an. Wir schrauben das Kennzeichen an, packen unser SUP aus und geniessen den vorerst letzten Tag in den USA.
Auf Tuchfühlung mit den Canadian Mounties
Die kanadische Grenze rückt näher und ich mach mir fast in die Hose. Abends, kurz bevor ich ins Bett gegangen bin, habe ich mich nochmals eingelesen, was man alles beim Grenzübertritt nach Kanada berücksichtigen sollte. Bei frischen Lebensmitteln wie Obst, Gemüse und Eiern kann es zu Problemen kommen und Geflügelfleisch sehen sie gar nicht gerne. Ausser es ist alles noch original verpackt und man kann nachvollziehen, dass es von einem amerikanische (Super)markt stammt. Dreimal dürft ihr raten, was wir im Kühlschrank haben und was nicht mehr original verpackt ist. Wir stehen in der Schlange vor der Grenze zu Coutts/Kanada. Meine Hände sind schon ganz feucht. Jetzt sind wir dran, vor uns links sehe ich schon die Röntgenhalle, wo sie alle Autos, bei denen ein Verdacht vorliegt, reinschicken.
Die volltätowierte Grenzbeamtin grüsst uns nett und beginnt mit der Standardbefragung. Über Lebensmittel will sie gar nichts wissen. Alkohol und Drogen interessieren sie viel mehr. Als wir beide Fragen mit Nein beantworten, kann sie es kaum glauben. Kein Bier, kein Wein an Bord? Nein, wir haben keinen Alkohol an Bord. Sie gibt uns einen gelben Zettel in die Hand und meint freundlich wir sollen bitte links rausfahren Richtung Röntgenhalle. Mir wird ganz heiss und ich bekomme Schnappatmung.
Wir nehmen den Zettel entgegen und schauen sie verdutzt an. Als sie bemerkt, dass wir jetzt nicht so wirklich wissen, warum und was wir da sollen, erklärt sie uns sehr freundlich, dass dort die Immigration ist und wir mit unseren Pässen zum Officer müssen. Meine Körpertemperatur senkt sich leicht und der Sauerstoff kommt auch wieder zurück in mein Blut. Wir fahren also links raus, Richtung Röntgenhalle und gehen dann rechts ins Gebäude zur Immigration. Dort stellen wir uns brav in der Schlange an und ich versuche mir nicht anmerken zu lassen, dass wir frische Lebensmittel und Fleisch dabeihaben. Wir müssen die Pässe abgeben und erstmals warten. Eine Stunde später kommt der Drogenhund in den Warteraum. Na super, der riecht jetzt fix die frischen Tomaten bei mir. Glück gehabt, das Drogenpaket gleich neben unserem Sitznachbar hat ihn dann doch mehr interessiert.
Ich werde inzwischen immer unruhiger und nerve Rene alle 2 Minuten damit, dass wir unsere Pässe sicherlich beim falschen Schalter abgegeben haben. Ich verstehe einfach nicht, warum das so lange dauert. Rene würde mich am liebsten vor die Türe stellen damit er seine Ruhe hat, weiss aber, dass er das nicht kann, weil ich bei der Immigration dabei sein muss. Nach 1 ½ Stunden werden wir dann endlich aufgerufen. Zuerst entschuldigt sich der Beamte für die lange Wartezeit, dann will er wissen, was wir in Kanada machen und wie lange wir bleiben wollen. Es scheint so, als ob ihm unsere Antworten gefallen haben, denn er macht unsere Pässe auf, stempelt sie ab und wünscht uns einen wunderschönen Aufenthalt in seinem Land. Ich renne fast zum Wohnmobil und mir fällt ein Stein vom Herzen. Wir dürfen alle Lebensmittel behalten und wir dürften 6 Monate im Land bleiben. Aufgrund des nahenden Winters werden wir die 6 Monate vermutlich nicht ausnutzen. Egal, nichts wie weg von der Grenze, rauf aufs Gas und ab in unser Kanada Abenteuer.
Wir fahren heute nicht mehr allzu weit. Unser Campingplatz für die nächsten Tage ist in dem kleinen verschlafenen 557 Seelendorf Granum. Wir wollen dort unsere Reiseroute recherchieren und das lange Wochenende verbringen. Recherchiert haben wir aufgrund des schlechten bzw. gar nicht vorhandenen WLAN so gut wie gar nichts. Wir hatten aber trotzdem eine grossartige Zeit und sind gleich wieder in den Genuss der Gastfreundschaftlichkeit und Herzlichkeit der kanadischen Menschen gekommen.
Neue SIM-Karte
Nach dem Feiertag steuern wir Calgary an. Dort können wir bei Ute eine kanadische SIM-Karte abholen. Mal schauen, ob das in Kanada besser und unkomplizierter läuft als in Amerika. Wir aktivieren die Karte gleich und siehe da, keine 5 Minuten später habe ich schon Empfang und alles funktioniert einwandfrei. Wir sind sogar imstande, mit unserer Kreditkarte zu bezahlen, keine Fehlermeldung, kein NEIN das geht nicht, ratzfatz alles erledigt. Man kann mit der Karte telefonieren, Daten nutzen und einen Hotspot machen. Da hätten sich die Amis mal was von ihren Nachbarn abschauen können. So einfach kann das Leben mit einer Prepaidkarte sein. Danach geht es für uns nur noch zu Walmart. Wir brauchen noch Gastgeschenke und wollen den Parkplatz zum Übernachten nutzen, bevor es dann morgen früh weiter in die Badlands geht.
Auf den Spuren der Dinosaurier
Nach einer angenehmen ruhigen Nacht auf dem Walmart Parkplatz steuern wir Drumheller an. Das liegt mitten in den kanadischen Badlands und verspricht so einiges. Den ersten Halt machen wir beim Horseshoe Canyon. Die Landschaft ähnelt den amerikanischen Badlands sehr. Es ist zwar hier und da etwas grüner, aber eine Ähnlichkeit ist sehr stark zu erkennen. Die Badlands in Kanada, in der Provinz Alberta, sind eine beeindruckende geologische Formation. Über Millionen von Jahren hinweg haben Sedimentgesteine diese einzigartige Landschaft geformt. Steile Schluchten und farbenfrohe Schichten von Ton, Schluff und Sand zeichnen diese Region aus. Die Badlands sind auch ein bedeutender Fundort für Dinosaurierfossilien. Die Dinos werden wir dann morgen genauer unter die Lupe nehmen. Heute heisst es draussen so viel wie möglich von der Landschaft erkunden. Wir geben uns mit dem normalen Rundweg nicht zufrieden und tauchen etwas tiefer in den Canyon ab. Kaum verlässt man die 0815 Route, hat man die Landschaft fast für sich allein.
Knappe zwei Stunden später kommen wir wieder sicher beim Wohnmobil an. Klapperschlangen haben wir dieses Mal keine entdeckt. Die sollen hier wieder beheimatet sein, so haben wir es zumindest gelesen. Weiter geht es zu den Hoodoos und der Atlas Coal Mine. Hier ist schon einiges mehr los und wir sind fassungslos, wie die Leute mit der Natur umgehen. Wenn etwas nicht abgesperrt ist, wird darauf rumgeklettert oder es wird darauf herumgehüpft. Die Leute klettern den steilen Hang rauf und rutschen über das weiche Gestein wieder runter und zerstören so mehr oder minder schleichend die schönen Sandformationen. Ich will nicht wissen, wie lange es noch dauert, bis man diesen Ort nicht mehr bestaunen kann. Aber was sind eigentlich Hoodoos? Die Hoodoos in den kanadischen Badlands entstanden durch langsame Erosion von Sedimentgesteinen. Weichere Schichten erodieren schneller als härtere, wodurch schlanke Säulen entstehen. Klimatische Bedingungen, wie Trockenheit und Wind, beschleunigen den Prozess. Diese faszinierenden geologischen Formationen sind das Ergebnis von Millionen Jahren natürlicher Erosion. Nachdem wir genug von den Hoodoos gesehen haben, fahren wir weiter nach Drumheller. Wir begeben uns auf die Suche einer besonderen Art von Dinosaurier (Dinoarts).
Am zweiten Tag in den Badlands steht ein Museumsbesuch auf dem Tagesprogramm. Nein, es regnet nicht, und uns ist auch nicht die Hitze zum Kopf gestiegen. Wir sind zwar nicht die typischen Museumsbesucher, aber wenn uns ein Thema interessiert, dann besuchen wir auch gerne mal ein Museum dazu. Und da uns das Thema Dinosaurier eben interessiert und es hier zufällig DAS Dinosaurier Museum gibt, war für uns klar, dass wir dort rein müssen. Das Royal Tyrrell Museum Of Palaeontology ist ein weltweit bekanntes paläontologisches Museum. Sein Schwerpunkt liegt auf den zahlreichen Fossilienfunden aus den kanadischen Badlands. Hier befinden sich 40 vollständig erhaltene Dinosaurierskelette. Das ist weltweit die grösste Sammlung dieser Art. Darunter ist auch Tyrannosaurus rex, einer der grössten fleischfressenden Dinosaurier und Albertosaurus, dessen Fossilien erstmals von Tyrrell gefunden wurde sowie Borealopelta, ein Skelet welches im Norden der Provinz Alberta gefunden wurde und das bisher einzige bekannte Exemplar dieser Gattung ist. Der Werbetext klingt jedenfalls schonmal sehr interessant.
Wir brauchen wieder mal ewig im Museum, aber wann kann man schonmal echte Dino-knochen bestaunen. Kaum zu glauben, wie gut die Skelette teilweise erhalten sind, obwohl sie schon so viele Milionen Jahre alt sind. Das Museum ist sensationell aufgebaut. Es gibt für Jung und Alt so vieles zu entdecken, nachzulesen und zu erforschen. Man kommt aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Dieses Museum also eine absolute Empfehlung und sollte unbedingt mit auf die Reiseliste, wenn man in der Region Alberta ist. Wir haben heute noch einiges an Strecke vor uns und verlassen etwas wehmütig zur Mittagszeit das Museum. Auf geht es in den Norden Kanadas.
Liebe Grüsse
Reiseroute
01. – 02. Aug. 2023Bozeman
US03. Aug. 2023Lewis and Clark Nationalpark
US04. – 08. Aug. 2023Granum
CA09. Aug. 2023Calgary
CA09. – 10. Aug 2023Drumheller
CA